Was ist Sexocorporel?

Sexualität ist eine Dimension des menschlichen Wesens, die viele Fragen aufwirft und durch ihre Vielfalt immer wieder fasziniert. Der Wunsch, die verschiedenen Komponenten der Sexualität zu verstehen, die Neugier und das Interesse am Thema menschliche Sexualität führten zur Entstehung einer speziellen wissenschaftlichen Disziplin: der Sexualwissenschaft (Sexologie).

In diesem Kontext des Erforschens und der Konzeptionierung der menschlichen Sexualität entstand der Sexocorporel. Die Ideen des Sexocorporel, als ein therapeutisch-sexologischer Ansatz, wurden entwickelt und gelehrt von Jean-Yves Desjardins (1931-2011). Sein sexualtherapeutischer Ansatz basiert auf dem Modell sexueller Gesundheit, wie es von der WHO formuliert wurde und seit über 40 Jahren beforscht wird.

Der Sexocorporel bietet eine umfassende und präzise Beschreibung sexueller Phänomene, die eine genaue Diagnose, samt darauf aufbauender Behandlung, ermöglicht.

Die Behandlung zielt darauf ab, schnell und effektiv die Anliegen von Einzelnen und Paaren zu erfüllen, die mehr Befriedigung in Ihrer Sexualität und in ihrem Beziehungsleben erreichen wollen – körperlich wie emotional.

Die theoretischen Grundlagen

Grundlegende Einheit:

Wir bezeichnen die untrennbare Verbindung Körper-Geist / Geist-Körper als grundlegende Einheit. Jede Wahrnehmung, Emotion und Kognition (impliziter Körper) hat ihren Spiegel auf der neurophysiologischen Ebene (expliziter Körper) und umgekehrt. Wir nennen dies den Körper-Spiegel. Der große Philosoph Thomas von Aquin hat es im späten 15. Jahrhundert gut formuliert: „Nihil intellectu nisi prius in sensu“ was soviel heisst wie „Nichts im Bewusstsein, das nicht zuerst durch die Sinne geht.“

Modell der sexuellen Gesundheit:

Der Sexocorporel ist ein Modell der sexuellen Funktionalität, das alle an der menschlichen Sexualität beteiligten Komponenten berücksichtigt. Sexuelle Gesundheit oder Funktionalität definieren wir als die Geburt, Entwicklung, Integration und Harmonisierung der verschiedenen Komponenten, die in der menschlichen Sexualität interagieren. Hier sind die verschiedenen Komponenten der menschlichen Sexualität aufgeführt:

  1. Grundlegende Komponente:
    Sexuelle Identität aufgrund der Anatomie.
  2. Physiologische Komponenten:
    Sexuelle Erregung, sexuelle Erregungsmodi, sexuelle Erregungsquellen, Evaluation der verschiedenen sexuellen Erregungskurven.
  3. Sexodynamische Komponenten:
    Gefühl der Geschlechtszugehörigkeit, sexuelles Lusterleben, sexuelles Begehren, erotische Fantasien, sexuelle Anziehungscodes, sexuelle Selbstsicherheit.
  4. Kognitive Komponenten:
    Wissen, Ideologien, Glaubenssysteme, Einstellungen, Kodifizierungen, Werturteile und Idealisierungen.
  5. Beziehungskomponenten:
    Erotische und Liebes-Kommunikation, Liebesgefühl, Verführung und erotische Fähigkeiten.

Der Sexocorporel wird von vielen als umfassendes und wissenschaftliches Modell für sexuelle Gesundheit anerkannt, da die Erkenntnisse über die Sexualität so korrekt und exakt sind und der Behandlungsansatz so wirkungsvoll ist. Dieses Modell ist innovativ und hat zum Ziel, allen Geschlechtern ein befriedigendes erotisches Handeln, sowohl auf der persönlichen als auch auf der Beziehungsebene zu ermöglichen.

Spezifische Beiträge des Sexocorporel zur klinischen Sexologie:

Ein innovatives Modell

  • Präzise Definitionen sexologischer Begriffe, die vielfache Verwirrungen im sexologischen Vokabular ausräumen.
  • Etablierung eines umfassenden Evaluationsschemas das jede einzelne Komponente der menschlichen Sexualität erfasst.
  • Vorschlag eines empirisch abgestützten Modells der sexuellen Entwicklung bei Kindern.
  • Beobachtung und Kategorisierung der verschiedenen sexuellen Erregungsmodi anhand klinischer Fälle:
    • Druckmodus (Archaischer Erregungsmodus)
    • Reibungsmodus (Mechanischer Erregungsmodus)
    • Druck-Reibe-Modus (Archaisch-mechanischer Erregungsmodus)
    • Vibrationsinduzierter Erregungsmodus
    • Ondulierender Erregungsmodus
    • Wellenförmiger Erregungsmodus
  • Entwicklung einfacher und effektiver Behandlungen ausgehend von der expliziten Realität, weshalb es sich um einen umfassenden und wissenschaftlichen sexologischen Ansatz handelt.
  • Untersuchung der qualitativen Aspekte (emotionale Wahrnehmungen) der sexuellen Reaktion in Verbindung mit der sexuellen Erregungskurve.
  • Konkrete Mittel um die sexuelle Erregungskurve durch die Gesetze des Körpers zu beeinflussen und zu modulieren. Diese Mittel betreffen die Beeinflussung von:
    • Bewegungsrhythmen (von langsam bis schnell)
    • Muskelspannung (von hypoton bis hyperton)
    • Raum: der innere der Atmung und der äußere der Bewegungen (von weiträumig bis eingeschränkt).

Behandlung nach Sexocorporel

Der Ansatz des Sexocorporel bietet praktische und effektive Mittel zur Verbesserung des sexuellen Handelns und Erlebens.

Die Behandlung berücksichtigt verschiedene Ebenen: Gefühle, Gedanken, körperliche Bedingungen und Fähigkeiten sowie Beziehungskompetenzen. Eine Behandlung dauert zwischen Wochen und Monaten.

Die wichtigsten Schritte eines therapeutischen Prozesses:

  • Evaluation und Beurteilung der sexuellen Schwierigkeiten
  • Erklärung der Ergebnisse der Diagnostik, damit die Hilfesuchenden den aktuellen Prozess des Problems verstehen.
  • Erläuterung der Ziele der Behandlung, um zur aktiven Mitarbeit zu motivieren.
  • Aufbau und Integration von erotischen und sexuellen Fähigkeiten.
  • Abschließende Bewertung und Ende der Therapie.

Sexualtherapie

Der Umfang der klinischen Praxis von Sexualtherapeut*innen ist weit und vielfältig. Es folgt eine Übersicht der sexuellen Störungen und Beziehungsprobleme, wegen derer sich eine Einzelperson oder ein Paar entscheiden, eine Sexualtherapie zu machen.

Sexuelle Störungen

Störungen der Ejakulation
  • Frühzeitiger oder rascher Samenerguss
  • Vorzeitiger Samenerguss
  • Verzögerte Ejakulation
Störung des sexuellen Begehrens
  • Mangelndes sexuelles Begehren (Verschmelzungsbegehren, Fortpflanzungsbegehren, etc.)
  • Generalisiertes mangelndes sexuelles Begehren
Störungen der Erektion
  • Primäre Erektionsstörung
  • Sekundäre Erektionsstörung
Sexuelle Gewalt
  • Personen, die sexuelle Übergriffe erlitten haben
  • Personen, die sexuelle Übergriffe ausgeübt haben
Orgasmusstörungen
  • Anorgastie
  • Anorgasmie (oder „anhedonischer Orgasmus“)
  • Koitale Anorgasmie
  • Anejakulation
Sexuelle Orientierung
  • Gefühl der Geschlechtszugehörigkeit
  • Auseinandersetzungen mit sozialen Geschlechterrollen
  • Transsexualität
Schmerzen beim Eindringen
  • Dyspareunie
  • Vaginismus (phobischer oder aufgrund einer Identitätsproblematik)

Beziehungsschwierigkeiten

  • Erotische Probleme
  • Verwirrung zwischen den Gefühlen der Liebe und des sexuellen Verlangens
  • Sexuelle Probleme (s.o.)
  • Kommunikationsschwierigkeiten
  • Probleme der Verführung zwischen den Partnern